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Am Vormittag wiederholte Jarod das misslungene Experiment im Chemielabor. Sydney saß telefonierend in seinem Büro. Die schönen Bilder waren verschwunden und Labor-Funktionalität kam nun zur Geltung. Jarod fand das Experiment langweilig und so langsam forderte der verpasste Schlaf sein Recht ein. Jarod befühlte die Karte, die er von Miss Parker bekommen hatte, in der Hosentasche. Er überlegte. Es gab nur eine Möglichkeit Sydney und Mr. Parker von seiner Lüge zu überzeugen, dass Miss Parker nicht bei ihm gewesen war.

 

Sydneys Büro/Miss Parkers Haus, Sonntagmorgen

Catherine Parker klemmte sich das Mobiltelefon zwischen Kopf und Schulter, als sie die Tür aufschloss und den Koffer über den Treppenabsatz ihres Hauses trug.

„Ach nein, das glaube ich nicht. Welches Kind will das schon?“, sagte sie in ihr Telefon.

 Sie ging ins Wohnzimmer, aber weder ihr Mann noch ihre Tochter waren dort.

 

„Er hat das Labor demoliert und versucht die Spülmaschine kaputtzumachen“, erklärte Sydney am anderen Telefon und fuhr verzweifelt fort: „Catherine, ich weiß nicht mehr, was ich tun soll.“

 

Sie ging in die Küche und nahm sich eine Tasse aus dem Schrank.

„Also, ich weiß zwar nicht, was er gegen Spülmaschinen hat, aber, Sydney, er ist doch noch ein Kind.“ Sie sah ihre Tochter und flüsterte ins Telefon: „Meine Tochter macht sowas ständig.“ Mit einer Hand holte sie einen Kaffeelöffel, die Kaffeebox und schaufelte Instantpulver in eine Tasse, während sie ihm zuhörte.

„Sicherheit oder Kontrolle, Sydney?“ Sie füllte die Tasse mit Wasser.

„Ja“, seufzte sie, „ich weiß“, und stellte sie in die Mikrowelle. „Ja, gut. Bye!“

 

Miss Parker saß draußen auf der Küchentürtreppe und starrte nachdenklich in den Garten. Ihre Mutter pirschte sich von hinten an ihre Tochter heran und sagte:

 „Buh!“

„Hallo, Mama“, sagte Miss Parker lahm.

„Die Begeisterung darüber, dass ich wieder da bin, scheint sich in Grenzen zu halten.“ Catherine setzte sich neben ihre Tochter auf die Stufe. „Was gibt’s hier schönes zu sehen, außer das grüne Gras“, zog Catherine sie auf.

„Ach, Mama, ich glaube, ich habe jemanden in Schwierigkeiten gebracht.“

„In der Schule?“, hoffte Catherine, denn sie wusste, dass mit dem Center nicht zu spaßen war.

„Ja“, log Miss Parker. „Ich habe eine Freundin, die hat für eine andere Freundin die Hausarbeiten gemacht.“

„Ach wie nett“, antwortete Catherine trocken.

„Und dabei ist was kaputtgegangen.“

 

Währenddessen im Center

Jarod betrat den Technikraum, der nur durch eine Glaswand vom Flur getrennt war. Niemand war hier. Drei mannshohe Server blinkten und ihre Kühler summten leise. Die Rechner auf den Arbeitsplätzen waren mit einem Wust aus Kabeln miteinander verbunden. Ganz hinten stand ein großer Aktenschrank mit Jalousieverschluss. Jarod schob die Jalousie auf. Die Aktenschränke waren mit Karteiboxen gefüllt. Aber statt Karteikarten befanden sich in den grauen Kästchen tausende von kleinen, silbernen Scheiben, auf denen Daten gespeichert waren. Das waren die Digitalen Simulations Archive, kurz DSA genannt. Jarod sah sich die Beschriftungen an.

Sie waren nach Aufnahmeort sortiert. SL-5, SL-19, SL-21, Sim-Lab I, Sim-Lab II, Tower…

Jarod war erstaunt, dass all diese Dinge tatsächlich aufgehoben wurden. Er nahm aus Neugier eine Kiste auf der SL-21 stand, das Stockwerk auf dem sich sein Zimmer und das Simulationslabor befanden. Auf den kleinen Discs las er: >Jarod; März 1989< davon gab es 10 Discs, die von einem Plastikkärtchen von dem nächsten Schwung getrennt waren, auf welchem stand: >Jarod; April 1989

Jarod öffnete den Koffer und sah, dass es sich um ein Abspielgerät für die DSAs handelte. Im Koffer befanden sich ebenfalls DSAs. Diese hatten ihre eigene Ordnung und waren mit kleinen Notizzetteln beschriftet:

>Jarod – wichtige Simulationen 1991-1994, Jarod – Schlüsselsituationen Entwicklung 1987-1994, Jarod – Beste Lösungsansätze 1991,1992, 1993, 1994

Jarod klappte den Player wieder zu und überlegte, wo er das DSA von gestern finden würde. Schließlich fand er, was er suchte: SL-17 Naturwissenschaftliche Labore. Er klappte die Discs nach vorne und las die Daten. März, April, Mai … doch statt der gesuchten DSA fand Jarod einen Zettel. „Die Aufnahmen 06-13-1994 ab 12:00 Uhr bis 6-14-1994 werden im Archiv des Projektes „Pretender“ unter Projektname „Jarod“ abgelegt.“ Der Text war ein Vordruck, nur die Daten und Projektnamen waren handschriftlich eingetragen. Jarod fühlte sich klein, als er sich selbst als ein Projekt wahrnahm. Schließlich fand er die Aufnahme in den grauen Karteiboxen, in denen er zuerst nachgesehen hatte und wollte sich schleunigst auf den Weg nach unten machen, als er Schritte hörte.

„Hallo?!“ Eine Frau betrat den Technikraum. „Haalloo?!“, fragte sie noch einmal. „Lenny, bist du da?“ Sie lief quer durch den Raum und schaute in die kleine Küche, die mit Kaffeeringen übersäht war und in der viele angefangene Müslipackungen standen. Dann zuckte sie mit den Schultern und ging zu dem Schrank mit den DSAs. Mit einem Krachen schob sie die Jalousie nach unten. Dann schloss sie sie ab und legte den Schlüssel in einen Blumentopf auf dem Schrank.

„So viel zum Thema: Sicherheit empfindlicher Daten“, murmelte sie und ging davon. Jarod saß unter dem Schreibtisch. Die DSA hielt er mit der Hand fest an die Brust geklemmt, in der er sein Herz deutlich zu schnell schlagen hörte. Jarod lugte unter dem Schreibtisch hervor. Der Technikraum schien leer zu sein. Er kroch aus seinem Versteck, als ihn jemand am Kragen packte.

„Verdammt, wo kommst du denn her?“, fluchte ein Mann mit langen Haaren und Brille. Auf seinem Namenschild, das auf seinem Flanellhemd steckte, stand: „Lenny“

 

Parkers Haus

Catherine Parker trank den letzten Schluck aus ihrer Kaffeetasse und wunderte sich. Auf dem Boden der Tasse sah sie Buchstaben. Sie spülte den Rest aus und las: „Eigentum des Centers.“ Sie nahm die Tasse in die andere Hand und tatsächlich, auf der Rückseite sah sie das Center-Emblem. Sie überlegte wie diese Tasse in ihre Küche kam, als das Telefon klingelte.

 

Sydneys Büro/Parkers Haus

Sydney lief aufgeregt hin und her bis Catherine abnahm. „Catherine“, platzte er heraus, „dein Mann will, dass Jarod vor das Triumvirat geführt wird.“

 

 „Was, wegen ein bisschen Schaum in einer Spülmaschine?!“, fragte Catherine ungläubig.

„Nein, darum geht es nicht. Er ist aus den Sublevels ausgebrochen und hat im Technikraum ein DSA gestohlen.“

„Wie ist das möglich? Die Türen sind sicher.“

„Er hatte eine Universalschlüsselkarte mit dem höchsten Autoritätslevel. So eine wie sie eigentlich nur…“

„…mein Mann hat“ ergänzte Catherine.

„Genau, er muss sie ihm geklaut haben.“

Catherine betrachtete die Tasse in ihrer Hand. Da ging ihr etwas auf.

„Sydney, warte mal.“

Miss Parker kam hinzu und sah wie ihre Mutter den Safe durchwühlte. Diese nahm das Telefon wieder auf.

„Er hat wirklich das Triumvirat eingeschaltet?“, fragte Catherine. Miss Parker erschrak.

„Sydney, ich komme sofort ins Center!“

Sie legte auf, suchte ihren Autoschlüssel und zog eine Jacke an.

„Mama“, sagte Miss Parker, „ich komme mit.“

„Nein!“

„Mama!“ Miss Parker zögerte kurz und sagte dann mutig: „Ich bin’s gewesen, nicht Jarod.“

„Ich weiß“, antwortete Catherine unbeeindruckt.

„Warum darf ich dann nicht mit?“

„Weil du zwei Wochen Hausarrest hast.“

„Aber Mama,…“

„Drei Wochen!“ Catherine schaute ihr streng in die Augen.

Miss Parker sagte nichts mehr.

 

Isolationszelle SL-21

Jarod saß auf der Pritsche, die der einzige Einrichtungsgegenstand in dem kahlen Raum war. Graue Betonwände und eine armeegrüne Eisentür umgaben Jarod, als sich diese quietschend öffnete. Zwei Wächter in dunklen Anzügen und mit finsteren Blicken packten Jarod an den Armen und schleppten ihn hinaus. In einem spärlich beleuchteten Raum setzten sie ihn an das lange Ende eines T-förmigen Tisches. Drei große Schatten saßen ihm gegenüber. Ihre Gesichter konnte er nicht erkennen.

„Jedes Verbrechen wird bestraft“, sagte einer der Schatten.

Der andere Schatten fragte: „Hast du unerlaubt das Sublevel verlassen?“

„Ja, aber doch nur, weil-“, stammelte Jarod, da öffnete sich hinter ihm die Tür. Die Wächter brachten Miss Parker in den Raum und führten sie in einen Nebenraum.

„Hast du den Sublevel unerlaubt verlassen?“, fragte der Schatten noch einmal.

„J…j..ja“, stotterte Jarod.

„Jedes Verbrechen wird bestraft“, sagte der dritte Schatten. Jarod hörte Miss Parkers Schreie aus dem Nebenraum.

„Nein!“, schrie er und sprang auf. „Ich war das doch, ich habe das doch getan!“

Wieder öffnete sich die Tür. Die Wächter brachten Sydney.

„Hast du Mr. Parker bestohlen?“, fragte wieder einer der Schatten. Sydney blickte Jarod ausdrucklos an.

„Jarod“, sagte er, „Jarod, wach auf!“

 

Jarod schreckte hoch und stellte fest, dass er in der Isolationszelle war. Sydney stand neben der Pritsche und sah in sorgenvoll an.

„Wir müssen jetzt“, sagte Sydney traurig. Jarod stand auf. Vor der Zelle warteten Mr. Parker und ein Wächter.

 

„Momentmal!“, rief Catherine Parker. Die Gruppe drehte sich um.

„Catherine, was machst du denn hier?“, wunderte sich Mr. Parker.

„Schatz, du machst einen Fehler. Bitte, schau in deine Brieftasche.“

„Catherine, was soll das denn? Wir sollten uns lieber nicht so viel Zeit lassen.“

„Bitte sieh nach!“, sagte sie mit Nachdruck.

Mr. Parker gab nach. Er zeigte ihr die Brieftasche und Catherine angelte seine Universalschlüsselkarte heraus. Jarod beobachtete das aufmerksam. Mr. Parker war perplex.

„Junge, wo hast du die Karte her?“

„Jarod, hat gar nichts damit zu tun“, sagte Mrs. Parker.

„Wer dann?“

„Unsere Tochter.“

Mr. Parker schwieg.

„Und, willst du sie auch ans Triumvirat verpfeifen?“, forderte Catherine ihren Mann heraus. „Hast du dir schon mal angesehen, was hier drauf ist?“, fragte Catherine weiter und riss Sydney das DSA aus der Hand und hielt es hoch.

 

Simulationslabor, einige Minuten später

Sydney schaltete den Projektor aus und das Licht wieder an. Aus der Ecke hörte man ein Schluchzen. Es war Jarod. Catherine setzte sich sofort zu Jarod.  Mr. Parker schaute verlegen weg.

„Jarodschätzchen, warum weinst du?“

Sydney diskutierte derweil mit Mr. Parker.

Jarod schluchzte weiter.

„Jarod, diese Karte. Hat Miss Parker sie dir gegeben?“, fragte Catherine sanftmütig.

Jarod nickte.

„Darf ich sie jetzt nie mehr wiedersehen?“, fragte er zögernd.

Catherine blickte zu Sydney und ihrem Mann.

„Und dafür sind Sie in Zukunft verantwortlich!“, Mr. Parker zeigte mit dem Finger auf Sydney und verließ dann das Zimmer.

„Natürlich, darfst du sie wiedersehen.“ Catherine nahm Jarod in den Arm. „Du musst dich nur drei Wochen gedulden.“

 

Parkers Haus, drei Wochen später

Miss Parker füllte eine Gießkanne mit Wasser. Sie lief in ihr Zimmer und goss ein Stück Rasen, welches sie in einen Blumentopf gepflanzt hatte. Dann packte sie den Blumentopf in eine Plastiktüte. Mit ihrem Päckchen in der Hand stand Miss Parker auf der Schwelle der Haustür.

„Und du meinst, Jarod freut sich über so etwas?“, fragte ihre Mutter.

„Ja, ich glaub schon“, Miss Parker lächelte für sich.

„In Ordnung, du darfst gehen.“

Kaum hatte Catherine Parker diese Worte ausgesprochen, rannte Miss Parker los und lief zum Center.

Ende

 

 

 





Chapter End Notes:

Thank you to my Beta-reader A. and for reviews.






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