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Die meisten Figuren dieser Geschichte gehören nicht mir, wem auch immer,mir nicht! Die anderen, die mir gehören, gehören mir ganz allein! DieseGeschichte wurde geschrieben, weil ich gerne schreibe, nicht weil ich damit Geld verdienen will!



Die vergessene Akte
Teil 5
von Dara






“Oh Mann , was für eine Luxusbude – wenn auch das Fenster fehlt.” Sam drehte sich um die eigene Achse. Der Raum war – centreunüblich - recht hell, eine große Leinwand anstelle eines Fensters an einer Wand. Viele Bücher in Regalen, ein Computer auf einem riesigen Schreibtisch, Modelle aus verschiedenen Fachgebieten standen herum. “Ich nehme mal an, das hier ist nicht für mich bestimmt?”

Sam hob mit spitzen Fingern einen schwarzen Männerslip hoch, als sie den Kleiderschrank inspizierte. Sydney und Miss Parker, die gerade das Zimmer betraten, sahen sich bedeutungsvoll an.

“Ich hoffe, der Bewohner dieses Zimmers sitzt jetzt nicht in dem kalten, dunklen Verlies, was mal meine Wohnung war!”

”Dieses Zimmer ist seit mehr als 4 Jahren nicht mehr bewohnt.” Entgegnete Sydney. Miss Parker hatte ihm von der Empfangsszene berichtet und er war neugierig auf diesen neuen Pretender.

“Er war nicht zufällig auch ein Pretender?” Sam strich gedankenvoll über ein Atommodell, “Ich frage nur, weil man mir immer wieder gesagt hat, wie einzigartig meine Fähigkeit ist und daß meine Arbeit für die Gesellschaft notwendig ist. Ich durfte nie Kontakt zu Gleichaltrigen haben, weil das meine Fähigkeiten negativ beeinflussen könnte, blablabla…”

Sam drehte sich zu Syd: “Wer sind Sie? Sie sehe ich heute nun schon zum zweiten Mal! Sind Sie mein neuer Mentor?” Sie sah ihn freundlich lächelnd an.

“Nein, er ist für andere Projekte eingeteilt!” röchelte Mr. Raines von der Tür aus. Fasziniert beobachtete Sydney wie das Lächeln vom Gesicht der jungen Frau verschwand, als sie zur Tür sah. Dort stand Raines mit einem schmalen, kleinen Mann in einem weißen Kittel. “Das ist Dr. Ferman, ER wird der Mentor sein.” Sam sah ihn skeptisch an und verzog das Gesicht hämisch. Miss Parker hörte leise ein: ”Das werden wir ja noch sehen!”

***

“Unser Wohnmobil steht dahinten!” Kay zog sich nach vorne, “Jetzt nach links abbiegen und… ah, da ist es ja!”

Jarod stoppte den Wagen und starrte ungläubig in die Richtung, die Kay gezeigt hatte.

“Ah, home sweet home!” murmelte Jack. Er stieg eilig aus und zusammen mit Kay lief er zu einem riesigen, bemalten Truck. Major Charles betrachtete das Fahrzeug ebenfalls mit offenem Mund. “Die Madonna von Michelangelo…” bemerkte Jarod schließlich. Jack hatte inzwischen den Truck aufgeschlossen und war darin verschwunden.

Man konnte ihn rumoren hören. “Wo ist das Mistding! Kay, wo hast du mein Laptop hingelegt?”

“Ich hab dein Laptop nicht angerührt, ich hab meinen eigenen!” schrie Kay zurück. Bevor sie auch in den Truck stieg, sah sie zu den anderen drei. “Was ist, wollt ihr hier draußen Wurzeln schlagen? Kommt rein!”

Major Charles schüttelte noch einmal den Kopf: “Ich muß erst mal den Wagen loswerden. Ist das Gepäck schon draußen?”

Jay nickte heftig mit dem Kopf und grinste: “Fahren wir damit durch die Gegend?”

“Sieht so aus!”

“Kay, ich finde ihn nicht, deiner ist auch nicht da!” schrie Jack wütend.

“Dann hat Mum ihn weggepackt!”

Jarod betrat neugierig den Truck. Was von außen aussah wie ein riesiger, amerikanischer Truck, war innen in eine gemütliche Wohnung mit Küchennische, Schlafkojen im oberen Teil und einer Wohnecke verwandelt worden.

“Wo ist die Toilette?” fragte Jay ruhig.

“Oh, da mußt du hier ins Haus gehen, komm, ich zeig es dir.” Kay nahm ihn bei der Hand und führte ihn wieder aus dem Truck.

Jarod musterte immer noch die Einrichtung. Jack stellte sich neben ihn: “Mum gefällt's, sie mosert immer ein wenig rum, daß keine Fenster da sind, aber eigentlich will sie gar keine.”

“Im Centre gibt es kaum Fenster in den Unterkünften!”

“Eben drum! Äh, Jarod, kannst du mir mal bitte bei was helfen?” Jack sah ihn bittend an: “Wir müssen dahinten rein, Mums Büro, sie hat aber ein Sicherheitssystem eingebaut.”

Jarod folgte dem Jungen neugierig. “Paßwort oder – für den Fall, Mum hat das Paßwort vergessen – 7 Fragen zu verschiedenen Fachgebieten!”

Jack zeigte auf einen kleinen Monitor. Er tippte etwas ein und das Gesicht von Sam erschien: “Keine Chance, Jack.. Erst die Fragen, dann Eintritt.”

Jack verzog das Gesicht. Er erklärte: “Es ist so was wie ein Hobby: brich in ihr Büro ein und du brauchst deine Hausaufgaben für eine Woche nicht machen. Wir versuchen es nun schon seit 2 Monaten, aber es klappt einfach nicht! Diesmal ist es echt schwer!”

“Diesmal?”

“Das letzte Mal haben wir den Code nach einer Woche geknackt!” Jack war sichtlich stolz auf diese Leistung.

Jarod lächelte: “Na, dann wollen wir mal.” Er holte seine PEZ-Bonbons heraus und sah auf die erste Frage. “Wau, das wird wohl etwas länger dauern, befürchte ich!” meinte er anschließend. “Ich koch uns was!” schlug Jack vor.

Als Major Charles sich zu ihnen gesellte, war Jarod schon tief in Berechnungen versunken und Jack brutzelte Spiegeleier. Jay und Kay kamen auch wieder. “Die Antwort auf die dritte Frage haben wir schon, aber wir können ja schon mal über die 2. nachdenken!” schlug sie vor. Also übernahm Major Charles das Kochen und die Kids verkrümelten sich auf die Bettplattform und berieten sich leise.

***

“Und wie stellt sie sich an?” Miss Parker stellte sich neben Sydney.

Der stand mit verschränkten Armen da und starrte auf einen Bildschirm. “Hm, ich bin mir nicht ganz sicher!”

“Was ist?”

“Sehen Sie selbst!”

***

Sam saß in ihrem Zimmer, immer noch im Pyjama. Sie saß in dem großen Ledersessel am Schreibtisch und tippte lustlos auf der Tastatur hin und her. Dr. Ferman kritzelte etwas in sein Notizblock, doch eigentlich machte er ein sehr unglückliches Gesicht.

“Und wann fangen Sie jetzt an?” fragte er schließlich.

“Sie sind der Psychiater, sagen Sie es mir!” fauchte sie ungeduldig zurück.

“Ähm, vielleicht sollten Sie sich erst mal die gegebenen Daten durchlesen.”

“Gute Idee, aber wir können natürlich auch gleich mit der Simulation anfangen!” Sie triefte vor Sarkasmus, aber der Doktor war so nervös, daß er es nicht mitbekam.

Er war vollkommen verunsichert: “Gut, dann fangen wir jetzt an!”

“Herrgott, wie denn, wenn ich noch gar keine Ahnung hab, worum es geht!” Sam verdrehte genervt die Augen.

“Äh, dann lesen Sie sich jetzt die Akte durch!” Der Doktor reichte ihr eine Akte. Als sie danach greifen wollte, zuckte er merklich zurück.

“Ich glaub das ja nicht, der Kerl hat Angst vor mir, hat null Ahnung, wie man eine Simulation durchführt und mit dem soll ich arbeiten?” Sam reichte es. Sie schmiß die Akte in die Luft; verschiedene Papiere schwirrten im Raum und Dr. Ferman drückte sich zitternd in eine Ecke. “Ich will einen professionellen Mentor, einer der so was Ähnliches schon mal gemacht hat, ich will einen Mentor, der die richtigen Fragen zur richtigen Zeit stellt. Einen der mich nicht behandelt wie eine Mißgeburt! Und ich will nicht Mr. Raines!” schrie sie in Richtung der Kamera.

***

“Das nenne ich temperamentvoll!” meinte Miss Parker trocken.

“Der arme Kerl ist jetzt schon seit 3 Stunden da,” berichtete Syd mit seinem typischen Lächeln, “Zuerst hat sie noch geschlafen, dann ist sie ins Bad verschwunden für ganze 30 Minuten. Dann kam sie raus und hat sich wieder ins Bett gelegt. Dabei hat sie nicht ein Wort mit ihm gesprochen. Als Sam mit dem Frühstück kam, hat sie ihn vor die Tür geschickt, dort hat er dann über eine Dreiviertelstunde gestanden, bis sie ihn wieder reingelassen hat.”

Miss Parker lachte laut auf.

***

“Sie werden sie übernehmen, Sydney! Aber ich warne Sie, kein Wort über Jarod oder andere Projekte des Centres! Wir überwachen Sie da drinnen!” Mr. Raines holte tief Luft und sah Syd haßerfüllt an. Er war, mit seiner Sauerstoffflasche im Schlepptau und drei Sweepern, in Syds Büro erschienen, keine drei Minuten nachdem Dr. Ferman aus Sams Zimmer gestürmt war.

“Ich dachte, er ist mit anderen Projekten beschäftigt!” stichelte Miss Parker.

“Er bleibt weiterhin in Ihrem Team. Wir werden Samantha die erste Zeit nicht zu sehr belasten, sondern erst mal beobachten, wie weit sie belastbar ist!” Raines hatte seine drohende Stimme aufgesetzt, doch bei Syd und Miss Parker hatte sie nicht die übliche Wirkung. Beide grinsten ironisch, als Raines keuchend das Büro verließ.

***

“Ah, unerwarteter Besuch!” Sam stand auf. Sie war inzwischen umgezogen und von ihrem Wutausbruch war nicht ein Indiz zu sehen. Sie kam Syd und Miss Parker entgegen und schüttelte freundlich die Hände. “Tee, Kaffee, ich kann meinen Sweeper rufen, der macht das gerne!” zynisch deutete Sam zur Tür.

Miss Parker wurde das Gefühl nicht los, daß Sam diese Situation genoß.

“Ich muß wieder zu meiner Arbeit. Ich wollte nur Dr. Green vorstellen. Mr. Raines hat sich jetzt doch dazu entschlossen, ihn als Ihren neuen Mentor einzuteilen.”

“Nein, wirklich, wie großzügig!” Sam tat ganz unschuldig und riß die Augen auf, ”Aber warum denn, ich habe mich doch mit Dr. Ferman hervorragend verstanden!” Sie grinste teuflisch.

Syd hob die Augenbraue nach oben. “Ich habe die Aufzeichnung gesehen!”

“Wirklich, wird nicht wieder passieren! Ich bin schon immer ein kleiner Morgenmuffel gewesen!” Sie zuckte mit den Schultern. “Haben Sie schon mal mit einem Pretender zusammengearbeitet?” wechselte sie das Thema. ”Ach, hab ich vergessen, ich bin ja der einzige Pretender hier, weit und breit!” Sie holte weit aus und deutete um sich.

“Und, ist Jarod schon gefunden? Ach, es tut mir ja so leid, daß ich nicht besser zugehört habe, als er erzählt hat, wo sein nächster Job ist!” Sam hatte sich zum Schreibtisch gewandt, als sie das sagte und ordnete einige Papiere.

Syd runzelte die Stirn. “Und Jarod gibt so einen guten Vater ab! Also Sie hätten ihn mit Jay sehen sollen – manchmal wünschte ich, ich wäre auch so normal, wie die beiden und kein Pretender!” flötete sie zuckersüß.

Miss Parker glaubte ein Glucksen zu hören. “Wenn er gewußt hätte, was er mir antut, er hätte garantiert nirgends angerufen! Ich meine, wo wir uns doch so gut verstanden haben!” Sam sah Miss Parker in die Augen. Sie bemerkte das kurze Aufblitzen.

Miss Parker schluckte schwer, als sie das hörte : ‘Was soll das, Parker? Er ist die Laborratte, du der Rattenfänger. Was interessiert es dich, mit wem er rummacht?’ Sie wich dem Blick von Sam aus.

“Oh, nicht was Sie denken – darf ich euch nicht duzen, ich hab so meine Probleme mit dem Siezen! Ja, gut – also, nein wir hatten keine Affäre.”

Sam schüttelte heftig mit dem Kopf und Miss Parker atmete tief ein. Wieso fühlte sich diese Antwort so gut an? Sam grinste anzüglich und plapperte weiter: “Nicht, daß ich abgeneigt gewesen wäre. Du hättest ihn sehen sollen, Parker. Hm, knackig, knackig… Ups, Dr. Green, das interessiert Sie gar nicht, richtig?”

Sam tat etwas verschämt und griff dann nach der Akte. “Na gut, dann fangen wir mal lieber an, nicht wahr?” Sie gab die Akte Syd, griff zu der Haribotüte, die auf dem Schreibtisch lag und öffnete sie dann. “Auch ein Gummibärchen?” sie reichte die Tüte herum.

***

“Nur noch eine einzige Frage!” Kay klatschte begeistert in die Hände. Sie arbeiteten seit Stunden an dem Code und mit vereinten Kräften hatten sie auch schon 5 Fragen gelöst. “Bin gespannt, was das für eine ist!”

“Wißt ihr das denn noch nicht?” Jay sah sie an. “Nein, die ersten 6 Fragen können in loser Reihenfolge beantwortet werden, die siebte Frage wird erst erstellt, wenn du die ersten beantwortet hast!” erklärte Jack. Er tippte den genetischen Code für die 6. Frage ein. Musik ertönte:

“Hey, herzlichen Glückwunsch, für diese Übung bekommt ihr was ganz Besonderes. Diesmal war es nämlich wirklich schwer.” Sams Stimme ertönte. Als Kay sie hörte, schluchzte sie kurz, aber sie fing sich wieder. “Also die siebte und letzte Frage kommt jetzt: Du kennst dich in meiner Geschichte aus, eine riesiger Teil war großer Graus, zwei wichtige Menschen starben hier, nur einer ist geblieben, sag mir wer?” Eine große Uhr erschien. “Wir haben 2 Minuten, um die richtige Antwort zu finden!”

“Kyle und Dr. Alan sind tot, versuch Bobby!”

Sams Stimme ertönte: “Falsch, 10 Sekunden Zeitstrafe!”

Die Roten Zahlen blinkten, nur noch 55 Sekunden.

“Angelo!” rief Kay hektisch.

“Falsch, 10 Sekunden Zeitstrafe!”

“Huaa, wenn nicht Angelo wer dann?”

“Versuchs mal mit Timmy?” Jarod bezweifelte es stark. Woher sollte Sam wissen, wie Angelos Name war, als er ins Centre gekommen war?

“Richtig. Willkommen im Labor!” Sams Gesicht verschwand und Silvesterknaller waren zu hören. Ein Klicken und die Wand vor der kleinen Gruppe öffnete sich.

“Puh, das war knapp! Wir hätten noch mal von vorne anfangen können.” Anerkennend klopfte Jack Jarod auf die Schulter. Kay schlüpfte zwischen den Jungs hindurch in den Raum. “Boah! Guck mal Jack!” Sie deutete zu einem kleinen Tisch. Dort lagen zwei I-Books, der eine in blau, der andere in grün. Beide hatten eine Schleife umgebunden.

“Ich vermute mal, die sind für uns!” meinte Jack nach einer Schweigeminute und griff sich den blauen.

“Aber eigentlich haben wir geschummelt!” meinte Kay mit dem Blick zu Jay und Jarod. Jack verzog das Gesicht und legte den Apple wieder zurück.

“Du hast recht!”

“Wir brauchen sie aber jetzt!” meinte Jarod bestimmt.

“Stimmt auch wieder!” Jack holte sich das Notebook begeistert wieder. Kay verzog zwar das Gesicht, aber nahm sich ihren dann auch. Jay sah die beiden an.

“Oh, Jay braucht auch einen! Immerhin hat er uns geholfen!”

Jack überlegte kurz und schnippte dann mit dem Finger. “Ich weiß was.” Er lief zu dem einzigen Schrank in dem kleinen Raum. Er holte zwei dunkle Laptops heraus. Kay grinste und holte einen Schraubenzieher heraus. Jarod hatte sich in der Zwischenzeit umgesehen. Der Raum war klein: nur der Schrank, ein Computertisch und ein bequemer Ledersessel. Der Computer war gigantisch: ein großer Flachbildmonitor, verbunden mit 3 Towern, eine Tastatur, ein Headset, Maus, Mausstift, Scanner, Drucker, Digitalkamera – alles relativ neu und hochwertig.

Er startete den Computer und lächelte: “Das gefällt mir!” Seine Finger huschten über die Tastatur. Major Charles stand immer noch an der Tür. Er beobachtete seinen Sohn und die Kinder kopfschüttelnd: “Das ist unheimlich!”

Er ging wieder zurück in den Wohnbereich und suchte lieber die Autoschlüssel.

“Was macht ihr zwei da?” Jay beobachtete die beiden anderen fasziniert. Kay und Jack waren gut aufeinander eingespielt, ohne viel zu reden arbeiteten beide an den Laptops. “Wir nehmen unsere alten Notebooks und packen die Hardware in den einen hier rein. Dann ist deiner genauso gut wie die I-Books!” Kay machte eine undeutliche Bewegung und arbeitete weiter

“Na ja, so alt sind die ja nun auch wieder nicht!” meinte Jack, er sah zu Jay, “Bei Kay ist alles alt, was sie länger als 3 Monate hat! Weiber!”

Er lachte, als seine Schwester ihm einen Knuff verpaßte.

Jay grinste: “Kann ich helfen?” Kay drückte ihm den Schraubendreher in die Hand: “Ich dachte schon, du fragst nie!”

****

Sam lehnte sich verträumt nach hinten. “Wie gefällt es Ihnen…”

“Dir, wir duzen uns doch wohl hoffentlich!” Syd lächelte und korrigierte sich: “Wie fühlst du dich? Es muß eine ziemlich große Umstellung sein, nach 10 Jahren wieder im Centre zu sein?”

“Wer sagt, daß ich die letzten 10 Jahre nicht im Centre war?” fragte sie schelmisch zurück.

“Warst du?”

“Nein, nicht wirklich. Ich hab mir nur gerade vorgestellt, wie Raines Gesicht zerbröckelt, während er sich krampfhaft fragt, wann ich denn hier gewesen sein könnte und wie ich unbemerkt hier reingekommen bin.” Sie kicherte.

“Du scheinst dich hier wohlzufühlen!

“Hat sich mein Vorgänger in dieser Wohnung wohlgefühlt?”

“Ich weiß nicht, ich…”

“Er war dein Projekt, nehme ich mal an.” Sie holte eine Bleistiftskizze hervor. Sydney betrachtete sie genau - das war er selbst. “Ein guter Beobachter, wer immer das hier gezeichnet hat.” Sam ließ das Blatt nicht los. “Insgesamt ziemlich vielschichtig interessiert!” Sie deutete grinsend auf die Modelle in den Regalen.

Sydney lächelte hintergründig: “Ich darf nicht über ihn reden!”

“Ich weiß, aber ich kann Vermutungen anstellen! Okay, dann fangen wir mal an: Er ist hier seit seiner Kindheit, du warst sein Mentor, er wurde Raines unterstellt, ein Experiment lief schief und das Projekt ist gestorben.” Sam sah zu einem imaginären Punkt an der Decke, “Nein, nein, das ist nicht richtig: Er ist nicht tot, er wurde entlassen: nein, er ist ein vollausgebildeter Pretender" – Sam winkte ab, als Syd was entgegnen wollte – "er IST ein Pretender! Das Centre würde ihn nicht gehen lassen, nicht freiwillig: also ist er geflohen! Wenn er geflohen ist, dann ist das Centre hinter ihm her, deshalb ist das Zimmer auch so sauber, er wird wieder zurückerwartet!” Sam machte eine Pause und sah den Arzt prüfend an.

Sydney sagte nichts, lächelte nur weiter.

Sie nickte: “Richtig geraten, braves Kind! Nun, Doktor, vermissen wir unseren Schützling?” Sie lehnte sich nach vorne und sah Syd neugierig an.

“Ich frage etwas und keiner antwortet mir; ich bin wohl kein besonders guter Psychiater!” seufzte Sydney theatralisch.

Sam lachte, sie stand auf und ging um den Tisch herum. Sie klopfte ihrem neuen Mentor auf den Rücken und flüsterte ihm ins Ohr: “Och, Jarod hat nur gut von dir gesprochen!”

Dann ging sie zu einem Regal, so filmte die Kamera nur ihren Rücken als sie laut sagte: “Also um höflich zu sein: mir geht es nicht schlecht. Ich meine, ich bin die letzten 10 Jahre ständig auf der Suche nach einer Beschäftigung gewesen, ich habe mich viel zu sehr gelangweilt. Ist eine nette Abwechslung mal wieder hier zu sein!” Sie drehte sich wieder der Kamera zu.

Sydney hatte nichts gesagt, sein Herz raste und er mußte sich sehr zusammenreißen, um Sams kleines Spiel mitzuspielen. “Na ja, ist doch mal interessant zu sehen, wie die Dinge sich fürs Centre entwickelt haben. Habe ich eben Entwicklung gesagt? Trifft fürs Centre ja nicht unbedingt zu, nicht wahr, alles beim Alten!” Sam rümpfte die Nase.

***

“Miss Parker!” Broots schlüpfte durch die Tür. Parker ließ ihren Blick auf dem Bildschirm; sie verfolgte gespannt die Konversation zwischen Sydney und Samantha.

Sie nickte nur kurz: “Was ist, Broots?”

“Ihr Vater ist bei Mr. Lyle im Büro, ich hab ihn gerade mit Mr. Raines reingehen sehen!”

“Besorgen Sie uns die Aufzeichnung!”

“Ja, Miss Parker!

“Und Broots? Seien Sie vorsichtig!”

Broots blieb ungläubig stehen. Er starrte seine Chefin an, doch die sah immer noch auf den Bildschirm. Hatte sie das eben wirklich gesagt? Er schüttelte kurz den Kopf und verschwand wieder auf den Korridor. Miss Parker sah ihm kurz nach und lächelte, dann konzentrierte sie sich wieder auf das Geschehen im Monitor.

****

“Und wie sind meine Leistungen als Pretender einzustufen, Herr Doktor?”

Sam wollte nicht mehr über Lyle reden. Sydney überlegte kurz. “Eine der begabtesten. Das Talent ist bei dir sehr stark ausgeprägt.”

Er wollte noch etwas sagen, aber Sam hörte ihm gar nicht zu. Sie legte den Kopf zur Seite und lauschte. Dann lächelte sie.

“Entschuldige bitte, aber ich möchte mich kurz hinlegen.”

Syd zwinkerte kurz, aber sagte nichts. “Ich werde meinen Bericht schreiben und Mr. Parker die Ergebnisse der Simulation bringen.”

“Danke!”

Syd war auf dem Weg zur Tür, als Sam noch etwas sagte: “Ach und Syd, ich würde mich sehr freuen, wenn du und Miss Parker mir morgen beim Frühstück Gesellschaft leisten!” Dieses Lächeln war warm und der Tonfall verriet, daß es eine Bitte und kein Befehl war.

Sydney nickte überrascht.

***

Dann war Sam alleine, sie ging zum Lichtschalter und schaltete das Licht aus. Sie setzte sich an einen Sessel an der Heizung, man konnte nur ihren Hinterkopf in der Kamera sehen. Der Sessel stand kurz vor einem schwarzen Winkel der Kamera. Hinter dem Sessel in der Wand war ein Lüftungsschacht, und zwei Augen starrten ins Zimmer.

“Angelo, ich habe dich vermißt!” flüsterte Sam, ohne sich zum Gitter umzudrehen. Das Gitter öffnete sich und Angelo sprang vorsichtig heraus, er schlich sich zwischen Sessel und Heizung. Sam zog einen zweiten Sessel zu sich heran und legte ihre Beine darauf. Nun konnte man weder die Heizung, noch Angelo in der Kamera sehen. Alles, was die Centreaugen sehen konnten, war Sam, die es sich auf zwei Sesseln bequem gemacht hatte und vor sich hin döste – ein langweiliges Bild.

“Sam müde?”

“Nein, ich freue mich, dich zu sehen, geht es dir gut?” Sam strich mit ihrer Hand vorsichtig über Angelos Kopf.

“Angelo gut, hat Freunde! Sam wieder da!”

“Ja, ich bin wieder da. Aber ich gehe bald wieder.”

“Angelo weiß, Jarod kommt, dann ist Sam wieder frei!”

“Willst du mitkommen?”

“Kann Freunde nicht alleine lassen!”

Sam seufzte und hielt ihre Hand auf seinem Kopf: “Wo sind deine Haare geblieben?”

“Abrasiert!” Angelo grinste schelmisch. Dann waren sie ruhig, sahen sich nur an. Nach 2 Minuten bewegte sich Angelo: “Sam spielen?”

Sie kicherte.









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