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Und nun fang ich an, ach ja, noch immer gilt: Jarod und Co gehören mir nicht, ich verdiene nix an ihnen und auch nicht mit Sam, Kay und Jack...(aber die sind aus meiner Phantasie!). Für jeden der sich fragt, wann das ganze spielen soll: Also Bridgitte ist bereits schwanger, sogar hochschwanger, aber Daddy Parker ist noch im Center, Matumbo nicht tot - keine Revolution in Sicht. Also geht von Mitte 3. Staffel aus und dann ein kleines, nettes Paralleluniversum...




Die vergessene Akte
Teil 17
von Dara







Es war noch dunkel, doch sie konnte einfach nicht wieder einschlafen. Sie hielt ihre Augen geschlossen, schon seit einer halben Ewigkeit schien sie dem Wind zuzuhören, der draußen an den Bäumen riß. Langsam holte sie Luft und schwang sich unruhig im Bett umher. In den letzten Tagen war viel passiert und doch wußte sie, daß in der nächsten Zeit noch viel mehr geschehen würde. Immer und immer wieder ging sie all die Ereignisse der Vergangenheit durch, suchte nach Schwachstellen, nach Fehlern, die ihr unterlaufen waren.

Sie riskierte alles für ein bißchen Abenteuer, so schien es ihr damals. Aber war es wirklich nur ein wenig Abenteuer? Sie hatte die Sicherheit aufgegeben und nun war nicht nur ihre Freiheit bedroht. Sollte das Centre jemals von den Kindern erfahren, was würde sie tun? Was für Jäger würden sie auf die Kinder hetzen? Die Angst verhinderte ein neues Einschlafen, niemals würde sie es zulassen, daß ihnen etwas geschah, aber konnte sie wirklich alles verhindern? Eine Träne lief über ihre Wange, sie wischte sie nicht weg. Sie spürte, wie der Wassertropfen eine feuchte Spur auf ihrem Gesicht hinterließ, wie er an Geschwindigkeit zunahm, als er das Kinn herunter auf den Hals rann. Sie versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren, doch ihre Gedanken gelangten nur zu einem weiteren dunklen Fleck. Angelo.

Angelo, er war krank; auch sie spürte die Entfernung sehr deutlich, sie konnte das Flüstern seiner Stimme nicht mehr hören. Hatte sie ihm das angetan, war er krank wegen ihr? Damals kurz vor ihrer ersten Flucht aus dem Centre, da hatte er sich zurückgezogen gehabt, wegen ihrer Gedanken, der Gewalt in ihr. Oh ja, sie war damals kurz vor dem wirklichen Abgrund gewesen, aber als dann die Möglichkeit der Flucht da gewesen war - die Überweisung in den Krankentrakt als sie von Projekt Scorpio erfahren hatte, da hatten sich ihre Gedanken wieder geklärt, und sie konnte sich selbst heilen. Aber damals war sie bedacht darauf gewesen, daß Angelo nichts davon mitbekam, er sollte glauben, daß sie tot sei und zwar ohne den abrupten Verlust ihrer Nähe. Sie hatte sich langsam distanziert, so daß die Verbindung kaum noch zu spüren war. Das war leichter, leichter als jetzt die kurzfristige, schockartige Entfremdung. Wie leicht dieses Band doch wieder zu knüpfen war, wie stark es bereits nach 3 Tagen wieder war. Sie hätte nicht nach Kanada gehen dürfen, das war zu weit, es bedurfte einiger Übung das Band soweit aufrechtzuerhalten. Konzentration und Stärke, all das hatte sie kaum noch, mit Kay und Jay und den anderen.

Ein weiterer tiefer Atemzug verschaffte keine Linderung von dem Schmerz, der sich ihrer bemächtigte. Angelo, Timmy, Bruder. Sie erinnerte sich an die Bilder ihrer Eltern. Während der Jahre im Wohnwagen, nur die kleine Familie, ständig unterwegs. Ihre Mutter hatte sich gerne viele Fotos angesehen, Fotos von sich, von Vater, vom verlorenen Sohn, von Sam. Sie hatte immer ein besonderes Foto in ihrer Bluse, an ihrem Herzen. ‚Damit ich ihm immer nahe bin’, hatte ihre Mutter erklärt. Sam öffnete die Augen und langte zum Nachttischchen, das gleich neben dem Bett stand. Sie tat es in der Dunkelheit, und obwohl sie nichts sehen konnte, fand sie es dennoch sofort. Das Foto. Sie hielt es in der Hand und schloß die Augen wieder.

‚Ich bin dir nahe, ich bin da,’ flüsterte sie tonlos. Ihre Verbindung war wie ein dünner, silbriger Faden. In Gedanken faßte sie den Faden und zog ihn zu sich, mit jedem Zentimeter, den sie ihn zu sich holte, wurde er stärker und fester und dicker. ‚Ich bin dir nahe, egal wo du bist, du bist nicht allein.’ Und dann konnte sie die Antwort hören, deutlich vernahm sie die Stimme, seine Stimme. Und endlich war der Schmerz vorbei.

***

„Mein Engel, weißt du jetzt, wer er ist?“

„Mum, bist du das?“ Parker sah sich suchend um.

„Engel, weißt du, wer er ist?“ Die Stimme war Geborgenheit und doch war sie fordernd, ein wenig ungeduldig.

„Ich weiß es, ich liebe ihn!“ Parker glaubte ihrer eigenen Stimme nicht, so fest und klar. Es war ihr noch nicht einmal schwergefallen, das zu sagen. ‚Vielleicht, weil dies hier nur ein Traum ist, niemals würdest du es zugeben, nicht wenn du wach bist!’ dachte sie.

„Warum versteckst du dich dann vor ihm?“

„Das tue ich nicht, ich bin nur noch nicht dazu gekommen, ihn um Hilfe zu bitten, das ist alles. Sobald er anruft, werde ich das tun und dann werden wir die Kinder retten. Das verspreche ich dir, Mum!“

„Rette auch das ungeborene Kind. Es ist unschuldig.“ Endlich konnte Parker die helle Silhouette ihrer Mutter sehen, sie trug das wunderschöne beige Etuikleid. Aber wieso war sie so groß? Parker sah an sich herunter, sie war klein, so klein, wie sie es mit 12 gewesen war.

„Ich habe dich vermißt, Mum!“

„Ich war immer bei dir, du hast mich nur nie gehört! Rette das Ungeborene!“

„Brigitte und Daddy kümmern sich doch um das Baby, sobald es geboren ist!“

„Sie fühlen nichts füreinander, sie fühlen nichts für die kleine Seele, es ist allein, ganz allein und fürchtet sich.“ Parker konnte die traurigen Augen ihrer Mutter deutlich sehen, und sie ertrug es nicht.

„Dann werde ich es zu mir nehmen! Ich verspreche es dir, wir werden Timmy befreien und das Baby, wir werden dem Centre den Rücken kehren!“

„Nein! Es darf nicht weiterbestehen!“ Die Stimme war kalt oder verängstigt, streng oder besorgt, Parker konnte es nicht wirklich einschätzen.

„Mum, das Centre ist zu stark und mächtig!“

„Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied, und es gibt schwache Glieder im Centre, mein Engel, du mußt sie nur finden und ihre Schwäche. Dein Bruder wird dir helfen können.“

„Bobby!“ Parker zögerte kurz, „Kann ich ihm wirklich vertrauen?“

„Er vertraut sich selber nicht, aber er hat das Recht auf eine Familie, so wie du und wie Jarod und wie Sydney. Sie alle haben ein Recht auf Freiheit, Liebe und Familie! Kämpfe dafür! Laß sie nicht gewinnen, kämpfe für deine Liebe und für deine Familie. Ich werde bei dir sein, mein Engel.“

***

Sie hatte es aufgegeben, einschlafen zu wollen, statt dessen schlich sie sich lautlos in den Keller und spielte ein wenig in ihrer Datenbank. Das Gespräch mit Bobby kam ihr wieder in den Sinn. Die ultimative Waffe durch Morde finanziert, oder aber den Tod durch einen Pakt mit dem Teufel entwickeln. Manchmal fragte sie sich wirklich, wie Raines dachte, warum er so greuliche Dinge tat, ohne einen Hauch von Gewissen. Sie kannte ihn schon sehr lange; Dr. Alan war bei weitem nicht so einflußreich gewesen wie Sydney. Dementsprechend war auch die Erfolgsquote ziemlich niedrig, Raines fortzuhalten. Und Raines war immer kalt und herzlos gewesen. Sie kannte die Geschichte mit der Tochter, Amy hieß sie oder Annie, aber sie bezweifelte, daß es wirklich einen Umbruch in Raines hervorgerufen hatte. Nein, dieser Mann war schon vorher tödlich gewesen, schon viel früher, er war der eigentliche Serientäter, der eigentliche Psychopath hinter Kyle und Bobby. Raines war einer der Gründe, warum sich das Centre so erfolgreich in der Schwarzen Zone der Macht behauptete. Sicher, das Triumvirat hatte ebenfalls Anteil daran, ebenso wie Big Parker und die Direktorin. Aber Raines ermöglichte vieles erst. Die anderen wollten Geld und Macht in der Politik. Raines wollte Kontrolle über Menschen, und er wollte Zerstörung.

Sam kannte vieles aus der Geschichte des Centres, aber sie hatte sich nie explizit damit auseinandergesetzt. Nach ihrer Flucht hatte sie Abstand gewinnen wollen, die Trennung von ihrem Bruder, die plötzliche Belastung mit zwei Säuglingen und die ungewohnte Umgebung waren schon schwer genug gewesen. Im Laufe der Zeit hatte sich dann ein gewisses Desinteresse breit gemacht; sie hatte ihr Leben, so wie sie es sich ausgemalt hatte, kein Centre mehr. Natürlich fehlten ihr Kyle, Dr. Alan und Angelo; aber wenn sie an sie dachte, kamen die Erinnerungen und behinderten sie. Nach 3 Jahren hatte sie es geschafft, die Gedanken ans Centre soweit zu verdammen, daß sie nur noch als Reminiszenzen aus schlechten Träumen auftauchten. Sie vergaß es ganz einfach, sich mit dem Centre zu beschäftigen. Als Jarod aufgetaucht war, da hatte sie sich wieder erinnert; sie hatte kontrolliert, wer Jarod war und war dabei auf Cracker Jack gestoßen, alias Angelo, hatte seine Pein gespürt.

Sie vermißte ihn schmerzlich, den engen Kontakt mit ihm, und sie hatte Gewissensbisse, weil sie ihn allein zurückgelassen hatte. Heute nun, wo sie ja doch nicht schlafen konnte, begann sie, sich einen Überblick zu verschaffen. Einen Überblick, was im letzten Jahrzehnt im Centre passiert war.

„Sieh an, die Direktorin haben sie also abgesägt, als Jarod geflohen ist. Ein weiteres Loch im Centre-Friedhof!“ murmelte sie leise. Sie überflog die Protokolle und Anweisungen. Mr. Parker war nun direkt dem Triumvirat unterstellt. Nun, das war er inoffiziell schon immer gewesen, soweit Sam das beurteilen konnte. Motu und die beiden anderen Mitglieder des Triumvirats schienen einen ziemlich sicheren Stand zu haben; es gab nicht viele Verbindungen zu den Machenschaften des Centres, die man wirklich nachweisen konnte.

Sie kontrollierte die Konten der Organisation. Die Ertragslage hatte sich in den letzten vier Jahren offensichtlich minimiert, die Ausgaben waren durch die Jagd nach Jarod angestiegen. Auch die Verluste durch Jarods kleine Kreditnahmen gingen an die Substanz.

Sam grinste kalt: „Ihr braucht wirklich ziemlich dringend Knete, wenn ihr euch da oben halten wollt, nicht wahr?“ Das Centre war noch weit davon entfernt auszutrocknen, allerdings schien der Verlust eines wichtigen Geschäftes, wie Jarod es war, doch erste Narben zu hinterlassen.

Es war gegen 5 Uhr morgens, als sich Sam müde streckte und ihre Glieder dehnte. Leise klopfte es hinter ihr. Sie drehte sich um: „Morgen! Was machst du so früh hier?“

„Ich wollte ins Mainframe!“ Jarod lächelte leicht und deutete auf den Platz, den Sam belegte.

„Suchst du was Bestimmtes?“

„Wer hat Catherine Parker getötet?“ Jarod sah sie fragend an, sie zuckte die Schulter.

„Das war fast noch vor meiner Zeit, ich habe davon nur wenig mitbekommen, aber es dürfte noch was hier sein. Einige Informationen konnte ich ja wieder herstellen.“ Sie drehte sich zur Tastatur und gab etwas ein.

„Wir lassen es einfach mal durchlaufen, dann werden wir ja sehen, was Gogo so ausspuckt!“

„Gogo?“

„Dumme Angewohnheit von mir: als ich mich hier häuslich eingerichtet habe, waren Computer noch sooo.... nervig. Auf jeden Fall hab ich wohl mehr als einmal : Nun geh endlich, mach schon, go, go... gesagt, und die Kleinen haben das aufgeschnappt und eines Tages kam der kleine Jack zu mir und hat mich gefragt, ob er auch mal mit Gogo spielen darf! Ich hab ganz schön gelacht!“ Sie kicherte bei der Erinnerung daran.

Jarod lächelte. „Die zehn Jahre müssen toll für dich gewesen sein!“

„Wie waren deine vier letzten Jahre?“ Sie grinste.

„Unterschiedlich!“ Jarod zuckte mit den Schultern.

„Siehst du, wie bei mir.“


***

Der Schlag auf den Punchingball war gezielt, kraftvoll und voller Wut. Die andere Faust sauste auf den Sack nieder. Beinahe im Sekundentakt prallten die Fäuste abwechselnd auf das Trainingsgerät. Links, rechts, links, links, rechts. Schlag auf Schlag alle auf die gleiche Stelle, tödliche Schläge, wenn es ein Mensch gewesen wäre.

Michael, ein schwarzer (sorry! farbiger!) Sweeper, der seit 3 Monaten für Mr. Lyle arbeitete, hob kurz die Augenbrauen. Oh ja, seit Tagen schon war sein Chef wütend, so richtig wußte er nicht, warum, aber es wäre unklug gewesen, ihn jetzt zu fragen. Michael hatte arge Schwierigkeiten mit seinem Chef gehabt, obwohl es auch seine Vorteile hatte, Sweeper einer so wichtigen Persönlichkeit zu sein. Er brauchte sich nur selten die Finger schmutzig machen, Lyle erledigte so was gerne selbst. Er brauchte nur die Spuren verwischen, falsche Hinweise verstreuen, Lyles Rücken decken, sofern das ging. Er hatte die Kaltschnäuzigkeit seines Vorgesetzten immer bewundert, aber auch gefürchtet. Bevor er seinen Dienst angetreten hatte, hatten ihn alle gewarnt; sehr lange lebte ein Sweeper für gewöhnlich nicht in Lyles Nähe. Aber er war als Chef ganz in Ordnung, berechnend zwar, aber ruhig, besonnen, hörte zu. Michael hatte noch keinen der legendären Wutausbrüche von Lyle erlebt.

„Und, Michael, irgend etwas Neues aus der Chefetage zu berichten?“ Ein weiterer Fausthieb landete auf dem Leder des Punchingballs.

„Nein, Sir, nichts. Es ist ungewöhnlich ruhig!“ Der Sweeper beobachtete seinen Chef, nach außen hin völlig ruhig, innerlich jedoch war er neugierig. Es hatte sich etwas verändert, er war sich nur nicht sicher was. Sicherlich die letzte Woche, wo Lyle in Lumpen erschienen war, aber davon war nichts mehr zu sehen. Michael machte sich gedanklich eine Notiz, er müßte sich mal mit Sam, dem Sweeper von Miss Parker unterhalten, der war eigentlich ziemlich in Ordnung.


Gerade als er daran dachte, öffnete sich die Tür. Michael sah den Eindringling an und erkannte die Tochter des Chairman. Sie nickte kurz in seine Richtung und trat dann zwei Schritte vorwärts. Lyle ließ ein letztes Mal seine Faust auf den Ledersack niedersausen und blieb dann etwas schweratmend stehen.

„Michael, geh zu Sam und löse ihn gegebenenfalls ab. Ich komme in zirka einer Stunde und seh' nach dem Rechten!“ Michael nickte kurz und verschwand aus der Tür.

Parker musterte ihren Bruder: er hatte ein dunkles Muscle Shirt an und schwitzte vor Anstrengung. Sie konnte seine Waden sehen. Er war gut trainiert und das nicht erst seit dieser Woche.

„Wer ist es, auf den du da einschlägst?“ fragte sie trocken. Bobby ging zu seinen Sachen und trank in einem Zug eine Flasche Wasser aus. Er trocknete sich sein Gesicht ab und die Arme. Während er sich einen langärmligen Jogginganzug anzog, normalisierte sich seine Atmung wieder.

„Kannst du dir das nicht denken?“ gab er kurz zurück. Sie trat näher und setzte sich neben ihm auf die Bank.

„Wo schlägst du ihm hin?“

Er lächelte und sah sie an: „Genau ins Gesicht, ich prügle ihm den Plastikschlauch ins Gehirn, so daß man ihn ihm nur noch chirurgisch entfernen könnte.“ Sie mußte sich ein Grinsen verkneifen.

„Sag mir, wenn du es wirklich tust, ich will zusehen!“ Er nickte und legte sich sein Handtuch auf die Schultern.

„Was ist los?“ fragte er, während sie gemeinsam zu seinem Büro gingen.

„Ich will hier endlich weg!“

„Wer will das nicht!“

„Nun, Verwandtschaft?“ Parker sah ihn kurz von der Seite an.

„Oh, Daddy Parker hätte nichts dagegen, wenn ich mir das Genick breche, glaub mir!“ Bobby grinste höhnisch.

„Aber Daddy Parker tut alles, um seinen Engel im Käfig schmoren zu lassen, und Angel hat es satt, im goldenen Käfig zu sitzen und auf Futter zu warten!“ giftete Parker leise.

„Dann wirst du wohl etwas dagegen unternehmen müssen!“ Er stieß die Tür zu seinem Büro auf und ließ seine Schwester an sich vorbei.

***

„Was für ein schönes Bild, die ganze Familie zusammen!“ flötete eine nervtötende Stimme aus Richtung Schreibtisch.

„Brigitte!“ Bobby zuckte beinahe zusammen, aber er konnte sich im letzten Moment noch beherrschen. Mit einem kurzen Blick zur Seite erkannte er, daß Parker sich ihr Icequeen-Gesicht aufgesetzt hatte. Wie sie das wohl machte? Prallte wirklich alles an ihr ab, wie es nach außen immer schien?

„Was willst du hier?“

„Euer Vater und ich, wir wollten nur eine kleine Familienkonferenz abhalten, nicht war, Schatz?“ Die Hochschwangere lächelte süßlich und steckte sich einen Lutscher in den Mund. Parkers Miene verzog sich leicht.

„Daddy!“

Kalt so kalt, kein kleinster Hinweis auf irgendwelche Verwandtschaft, wenn da nicht dieses Wort gewesen wäre. Lyle ging erhobenen Hauptes in sein Bad und verkniff sich ein Grinsen. Wenn der alte Parker nur wüßte, was seine Kinder von ihm dachten... Er würde es wahrscheinlich mit der Angst zu tun bekommen, und das zurecht.

„Daddy, was ist so wichtig?“ Parker riß sich zusammen und versuchte, wenigstens ein wenig Wärme vorzutäuschen. Sie dachte an Sydney.

„Engelchen, ich wußte nicht, daß du dich so gut mit deinem Bruder verstehst, das freut mich, eine Familie muß zusammenhalten!“

Sie verdrehte die Augen, doch ihr Vater, der es sich auf Lyles Sessel bequem gemacht hatte, bemerkte es nicht. Vielmehr blätterte er in den Papieren, die auf dem Tisch lagen.

„Suchst du etwas Bestimmtes?“ Bobby lehnte sich an den Türrahmen und beobachtete seinen Vater genau.

„Mir gefällt deine neue Einrichtung!“ Mr. Parker deutete in den Raum und legte widerwillig die Papiere aus der Hand. Lyle hatte zwar wieder das ursprüngliche Bild angehängt, dennoch hatte er ein paar Pflanzen stehen lassen.

Bobby zuckte mit den Schultern: „Soll angeblich das Arbeitsklima verbessern!“ Brigitte kicherte, als ob er einen guten Witz gemacht hätte.

„Wie geht es dem kleinen Parker?“ fragte Miss Parker schließlich, sie wurde ungeduldig, dieses um den heißen Brei-Gesülze ging ihr auf die Nerven. Die Gesichter ihres Vaters und seiner jungen Frau veränderten sich nur geringfügig in Langeweile, Desinteresse, ja, in Brigittes Augen glaubte Parker sogar, einen Hauch Abscheu zu sehen.

„Gut, kommen wir zum eigentlichen Thema, weshalb ich euch sprechen wollte!“ Der alte Mann winkte ab. Bobby und Parker täuschten Interesse vor. „Demnächst wird ein großes Projekt gestartet, das Triumvirat persönlich wird einen Beobachter hierher schicken. Wir können es uns einfach nicht leisten, wenn Jarod oder auch Sam uns Ärger machen!“

Bobby runzelte kurz die Stirn: „Heißt das, wir sollen aufhören mit der Suche, wir sollen sie verstärken, oder was?“

„Tut, was immer richtig ist, damit es zu keinen Informationslücken kommt!“ Der alte Mann stand auf und ging zur Tür. Brigitte blieb für eine kurze Sekunde sitzen, als sie jedoch bemerkte, das Parker nicht die Absicht hatte, ebenfalls zu gehen, seufzte sie kurz, blinkerte Bobby zu und folgte ihrem Mann.

„Ich hätte jetzt wirklich Lust zu einer kleinen Boxrunde!“ murmelte Parker leise, nachdem die Tür sich hinter den beiden geschlossen hatte.

Bobby grinste verständnisvoll: „Das kann ich nachvollziehen! Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie schnell die beiden das Thema wechseln, wenn es um den Nachwuchs geht!“ meinte er jedoch nachdenklich, als er sich hinsetzte und das von seinem Vater hinterlassene Chaos ordnete.

„Da stimmt was nicht, ich fühle es!“ Parker schlug ihre Beine übereinander. Sie sahen sich beide an. Nach einer wortlosen Minute meinte Parker dann: „Ich werde Angelo besuchen gehen!“ Sie stand auf, an der Tür drehte sie sich um: „Kommst du mit?“ Nach einem kurzen Zögern folgte er ihr.

***

„Orion, oh du mein starker Orion!“ Sam hüpfte in der Küche auf und ab und während sie ihr Rührei briet, sang sie lauthals.

„Mum, es ist halb neun! Ich wollte eigentlich noch schlafen!“ Kay gähnte mit aufgerissenem Mund und setzte sich mit halb geschlossenen Augen an den Küchentisch.

„Guten Morgen, meine Schöne, bist du auch schon wieder wach, hast du auch so schlecht geschlafen, na dann ist ja alles klar...“, sang ihre Mutter auf deutsch.

„MUM! Bitte!“ Kay gähnte noch mal und zog eine Müslischale in ihre Richtung, als wenn diese Schale übermäßig schwer wäre.

„Morgähn!“ Jack schlurfte in die Küche, gerade als Sam wieder etwas singen wollte. Seine langen dunklen Haare waren zerzaust und seinen Augen schienen fast verklebt zu sein. Bei seinem Anblick mußte Sam lächeln. Sie spazierte auf ihren Sohn zu und umarmte ihn kräftig.

„Guten Morgen, mein kleiner Struwwelpeter!“ Sie gab ihm einen Kuß auf die Nase, und er protestierte nicht, sondern ließ alles ganz passiv über sich ergehen. Als sich Sam Kay zuwendete, setzte er sich hin und schnappte sich deren Müslischale.

„Och nee, Mama, nicht!“ Kay muffelte müde in die Umarmung. „Jack, das ist mein Frühstück, hol dir gefälligst selbst was!“ Sie zog in der Umklammerung ihrer Mutter die Schale wieder weg. Jay stand in der Küchentür und grinste. Sam drehte sich zu ihm um und breitete die Arme aus.

„Na los, komm her! Du entgehst meiner Rache nicht!“ Jay zögerte kurz, machte einen Schritt vorwärts und dann wieder einen zurück. „Ha, er weigert sich! Volk, sehet ihr, er weigert sich!“ Sam grinste teuflisch und schnappte sich Jay, dann drückte sie ihn und hob ihn dabei in die Luft.

„Sie hat mal wieder kaum geschlafen!“ Kay deutete mit vollem Mund zu ihrer Mutter, Jack nickte nur leicht und schaufelte sich noch einen Löffel Cornflakes in den Mund. Mit seiner freien Hand deutete er einen leichten Kreis in Richtung Schläfe. Nach unendlichen Minuten ließ Sam Jay wieder hinunter.

„Will jemand Ei? Ei, ei, ein Ei, was ist denn schon dabeieiei?“ Sie ließ sich mit der riesigen Portion Rührei in der Pfanne auf einen Stuhl fallen, nahm sich das Salzfäßchen und eine Stulle Brot. „Zu spät, nu esse ich alles alleine auf!“ Mit diesen Worten begann sie bei geschlossenen Augen zu essen.

„Was ist das für ein Krach?“ fragte Margaret, als sie von draußen aus dem Garten kam.

„Oh, schon auf? Seit wann denn, ich hab euch gar nicht gehört!“ mampfte Sam mit vollem Mund.

„Seit halb acht, ist meine Zeit. Meine Güte, das willst du doch wohl nicht alles alleine essen, oder?“ Marge schüttelte halb entsetzt, halb amüsiert den Kopf. Sam sah sie nur kurz an und drückte die Pfanne fast beschützend an sich.

Mit vollem Mund schimpfte sie: „Ich bin jetzt seit genau ein Uhr und sieben auf den Beinen, weil ich nicht schlafen konnte. Ich hab Hunger!“ Jarod trat in die Küche. Er war etwas blaß.

„Und du? Wann bist du aufgestanden?“ fragte Marge ihren Sohn besorgt.

„Halb fünf! Sam und ich haben ein wenig unter die Teppiche des Centres gesehen.“ Jack sah kurz auf.

„Und?“

„Nicht viel, das meiste wußte ich schon vorher!“ Sam nickte und massierte sich mit einer Hand den Nacken. „Auch nichts weiter über Orion, es ist fast so, als ob es das Projekt von Raines nie gegeben hätte!“

„Vielleicht haben sie es ja nur nicht in den Computer eingegeben!“ meinte Kay hinter vorgehaltener Hand. Jay stibitzte sich gerade einen Löffel voll von Sams Rührei und zwinkerte Jack zu.

„Möglich, das bedeutet aber, das einer von uns nach Blue Cove muß, um weiteres rauszufinden.“ Sam stutzte kurz, sie war sich sicher, das da was von ihrem heißgeliebten Ei fehlte. Argwöhnisch blickte sie zu Jack und Kay, doch die aßen Cornflakes, ohne sie zu beachten. Jay schmierte sehr sorgfältig ein Brötchen. Sam schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder.

„Ich fahre,“ meinte Jarod gerade.

„Kommt ja gar nicht in Frage, ich bin dran. Ich muß Angelo besuchen!“ protestierte Sam lautstark. Sie sahen sich beide an, jeder unwillig, dem anderen nachzugeben.

„Gut, dann fahren wir eben beide!“ seufzte Sam schließlich, „sind ja genügend Leute hier, um auf die drei da – sie deutete auf die unschuldig dreinblickenden Kinder am Tisch - aufzupassen!“ Sam gähnte nun auch, sie folgte damit Kays Beispiel. Jarod zuckte mit den Schultern, während Marge immer noch ungläubig mit ansah, wie Sam die riesige Pfanne Rührei verschlang.









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