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Also, diesmal will ich auch mal was vorweg sagen. Nein, mir gehören Jarod und Anhang immer noch nicht, und die Figuren, die mir gehören, machen auch nur, was sie wollen.




Die vergessene Akte
Teil 14
von Dara





"Und, was sagt sie?"

"Wie bitte?" Der Major sah erschrocken auf. Er war in Gedanken versunken gewesen, nachdem er zum ersten Mal seit Jahren mit seiner Frau gesprochen hatte.

"Was hat sie gesagt? Gute Neuigkeiten?" Sam sah ihn mit großen Augen an und tippelte ungeduldig mit dem Fuß. "Bin ich zu neugierig?"

"Nein, ich muß nur erst mal zu mir kommen!" Der Major setzte sich in dem großen Sessel zurecht und sah die junge Frau an. "Du bringst Glück, Sam. Wirklich!"

"Oh ja, ich weiß, aber komm nicht auf die Idee, mich um deinen Hals hängen zu wollen!"

Der Major lachte.

"Spann mich nicht auf die Folter! Hast du sie hierher eingeladen oder sollen wir sie irgendwo treffen?" Sam hatte es sich auf der Couch bequem gemacht und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.

"Darauf bin ich gar nicht gekommen! Ich ... war einfach nur so glücklich, ihre Stimme wieder zu hören. Wir haben uns über alles Mögliche unterhalten, nur nicht darüber!" Der Major schüttelte verblüfft den Kopf.

"Na, aber du hast doch ihre Nummer, oder nicht?"

"Ähm, ja natürlich. Ich kann es nicht fassen, daß ich das vergessen habe!"

"Eigentlich gar nicht so ungewöhnlich, menschliche Schwäche. Was hat sie denn erzählt?" Sam holte sich das Handy hervor und nahm den Zettel mit der Telefonnummer von Margaret vom Major entgegen.

"Ihr geht es soweit ganz gut, sie hat sich in ihre Wohnung in Europa zurückgezogen."

"Hat sie Kontakt zu Emily?"

"Ja, sie schreiben sich regelmäßig Email!" Charles beobachtete, wie Sam die Nummer wählte.

"Hallo, Margaret! Ich bin’s, Sam! Ja, das ging fix. Marge, ich darf Sie doch Marge nennen, oder? Gut, Marge, ich persönlich finde, daß es Zeit für eine kleine Familienzusammenführung ist und wollte Sie nach Kanada einladen!" Sie lauschte, als ihre Gesprächspartnerin antwortete. Der Major lehnte sich gespannt nach vorn.

"Gut, Marge. Ich werde Ihnen eine SMS schicken. Es ist die Adresse eines alten Freundes von mir. Er wird alles weitere arrangieren. Wenn Sie mit Emily sprechen, geben Sie ihr bitte die Mailadresse, mit der Sie die Jungs kontaktiert haben. Dann werden wir das auch in Angriff nehmen." Wieder eine kleine Pause und dann verabschiedete sie sich.

"Gut, Marge. Dann sehen wir uns spätestens in zwei Tagen!" Sie legte auf.
Der Major starrte sie ungläubig an: "Ich... sie kommt hierher. In zwei Tagen?"

"Jop!" Sam klappte das Handy zusammen und stand auf: "Entschuldige bitte, aber ich muß da noch was organisieren!" Damit verließ sie das Zimmer.

"In zwei Tagen!" flüsterte der Major, und plötzlich fühlte er sich leicht. Seit Jahren war er auf der Flucht und selbst mit Jay fühlte er sich abgeschnitten vom Leben und von seiner Familie. In zwei Tagen würde das vorbei sein, dann hätte er seine Familie wieder zusammen. Eine vollständige Familie.

**

"Angelo? Wo bist du?" Miss Parker suchte nun schon seit einer halben Stunde in den Tiefen der Belüftung nach dem Empathen. Es war dunkel hier, aber wenigstens gab es keine Kameras. Nur einige Räume, wo die Belüftungsschächte zusammenliefen, waren visuell überwacht. Aber dies war keiner davon.

"Angelo? Verdammt, ich hab keine Lust, verstecken zu spielen!" Sie reckte sich auf, die gebückte Haltung strengte sie an. Obwohl sie Angelo inzwischen richtig ins Herz geschlossen hatte und sich für ihn verantwortlich fühlte, hatte sie meistens nicht die Geduld und die Zeit, auf ihn zu warten. Sie seufzte.

"Parker, ich denke, du solltest mal kommen!" Bobbys Stimme kam aus einem Gang hinter der Ecke.

"Hast du ihn gefunden?" Sie eilte in die Richtung.

Bobby deutete fast schüchtern in ein Rohrende. Sie beugte sich runter und sah ihn. Angelo lag zusammengeknäult am hinteren Ende und schlief. Sie lächelte und zog sich die Schuhe aus.

"Geht es ihm gut? Was machst du da?"

"Ich glaube, er schläft. Ich komm so nicht ran, also werde ich zu ihm krabbeln müssen!" Parker kletterte ins Rohr und kroch zu Angelo. Als sie bei ihm war, legte sie ihre Hand auf seinen Arm. Er zuckte zurück, als wenn er sich verbrannt hätte, aber reagierte nicht.

"Das ist eigenartig. Angelo, wach auf!" Parker schüttelte ihn ein wenig. Er zeigte keine Reaktion, versuchte nur, von ihr abzurücken. "Angelo? Alles in Ordnung? Angelo?" So langsam bekam sie es mit der Angst zu tun. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht.

"Angelo? Hat dir jemand was getan?"

Und plötzlich hörte sie es. Angelo schluchzte. Er weinte und zitterte am ganzen Körper. Ihr war zum Weinen zumute; wie konnte sie ihm nur helfen? Vorsichtig nahm sie ihn in ihre Arme und umschlang ihn. Sie setzte sich so, daß sie ihn wie ein kleines Kind in den Schoß legen konnte. Dann begann sie, hin- und herzuschaukeln.

"Es ist ja gut, Angelo, es ist ja gut!" Sie sah Bobby verzweifelt an.

"Ich denke, es ist besser, wenn ich Sydney hole!" Bobby sah den dankbaren Blick von Parker und beeilte sich, zu dem Psychiater zu kommen.
"Sydney! Sie ... ähm." Bobby räusperte sich kurz und sprach dann mit fester Stimme. "Kommen Sie mit, Syd. Ich brauche Sie in einer dringenden Angelegenheit!"

Der Psychiater sah ihn skeptisch an, und Bobby konnte den Widerwillen fast spüren, mit dem er sich in Bewegung setzte. Nicht, ohne einen vielsagenden Blick zu Broots zu werfen, der Bobby abschätzig taxierte. Du kannst nicht alles auf einmal erwarten, Honey. Er konnte Sams beruhigende Stimme hören und verdrängte den Schmerz, den er empfand. Oh, wie er seine Freunde um diese Leute beneidete.

"Was wollen Sie, Lyle, Miss Parker kommt jeden Augenblick, und wir müssen nach Jarod suchen!" Sydney machte keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen Lyle.

"Miss Parker ist ein Teil der dringenden Angelegenheit, Sydney." Bobby floh fast vor dem älteren Mann und eilte zurück zu der Stelle, wo er seine Schwester mit Angelo allein gelassen hatte.

"Was haben Sie mit ihr gemacht?"

"Ich habe gar nichts mit meiner Schwester gemacht, Dr. Greene. Gar nichts!" Bobby verlor die Nerven und blieb stehen. Er sah dem Doktor fest in die Augen. "Ich habe auch nicht die Absicht, ihr irgend etwas anzutun, Doktor!" Dann riß er sich zusammen und machte sich wieder auf den Weg.

Sydney blieb erstaunt stehen und sah dem Mann nach, den er doch so haßte. Irgend etwas war anders. Plötzlich erinnerte er sich an das Gespräch, das er vor ein paar Tagen mit Miss Parker geführt hatte. Sie hatte ihn ziemlich durchlöchert über die möglichen Komplikationen bei Simulationsdurchführungen und was passierte, wenn sich der Pretender nicht aus der Simulation lösen konnte. Sydney war sich nicht sicher, warum er gerade daran denken mußte.

"Was ist? Kommen Sie, Sydney, es ist dringend!" Lyle winkte ihn zu sich heran und verschwand dann hinter einer Tür.

**

"Stimmt es wirklich, Dad? Sie kommt hierher?" Jay sah den Major erwartungsvoll an. Er war sich noch nicht so sicher, ob es ein angenehmes Treffen für ihn sein würde. Aber schon weil es Jarod und seinem Vater soviel bedeutete, freute er sich.

"Ja, es stimmt. Sam hat sie einfach angerufen und alles organisiert. Marge ist schon in der Luft. Es dauert nur noch 3 Stunden, dann landet sie." Der Major konnte es auch noch gar nicht wirklich fassen.

"Und wie kommt sie hierher?" Jarod mußte schlucken, sein Hals schien plötzlich so trocken.

"Sam holt sie ab. Sie ist schon losgefahren und holt Em ab. Sie hatte sich drei Stunden nach dem Telefonat bei Marge gemeldet und sofort eine Mail geschickt. Sie kommt mit der Bahn."

"Wo ist hier denn die nächste Bahnstation?"

"Sam meinte sie müsse NUR 2 Stunden mit dem Wagen fahren und auf dem Rückweg würde sie dann beim Flughafen vorbeikommen!"
"Wieso habt ihr nicht gleich was gesagt? Ich meine, ihr laßt uns die ganze Nacht schlafen, ohne was zu sagen!" Jarod wußte nicht, ob er glücklich oder wütend sein sollte.

"Sam wollte euch euren wohlverdienten Schönheitsschlaf nicht nehmen, außerdem glaubte sie, wir würden nur alles komplizierter machen." Der Major zuckte mit den Schultern und lächelte seinem Sohn beruhigend zu. "Sie macht das schon!"

"'Türlich macht sie das! Sie ist die beste!" Kay schüttelte entrüstet den Kopf. Wie konnten sie nur an ihrer Mutter zweifeln?

"Und was machen wir jetzt?" Etwas ratlos sah Jarod sich um, "Ich kann einfach nicht hier sitzen und warten."

"Och, keine Sorge, Mum hat vorgesorgt!" Jack wedelte mit einem Blatt. Laut las er vor: "Hey, daß ihr nicht faul rumlungert! Es müssen noch Betten bezogen und Essen eingekauft werden, und einer muß mal checken, was das Center so fabriziert! Ausnahmsweise erlaube ich meinen lieben Kleinen, sich im Keller umzugucken! SAM"

Die Kinder sahen sich nur kurz an und grinsten: "Ähm, okay, Jay und Jarod ihr macht die Betten, Kay und ich gehen in den Keller, und der Major fährt einkaufen!" Jack grinste übers ganze Gesicht.

"Ähm, stehengeblieben. So nicht! Ihr drei macht die Betten und wenn ihr damit fertig seid, räumt ihr noch euer Zimmer auf. Anschließend könnt ihr in den Keller gehen! Jarod macht einen kurzen Check, was das Center treibt und fährt dann mit mir einkaufen!" Der Major scheuchte die Kinder hoch zu den Schlafzimmern. Diese protestierten laut.

**

"Was ist los mit ihm, Syd?" Parker hatte die Arme um sich selbst geschlungen und starrte sehnsüchtig auf Angelo. Der lag in seinem Bett. Zusammen hatten sie ihn aus der Röhre geholt und in seine Kabine gebracht.

Angelo reagierte immer noch nicht. Er weinte und wiegte sich selbst immer nur hin und her.

Bobby stand abseits in einer Ecke und beobachtete die anderen. Er spürte die Sorge seiner Schwester und von Sydney. Und er wußte, daß es Sam das Herz brechen würde, wenn sie ihn so liegen sähe.

Er schloß die Augen und holte tief Luft. Er versucht sich auf Angelo zu konzentrieren. Er machte das hier wirklich nicht gern, die Angst vor dem Empathen war noch immer da - auch wenn es Lyles Angst gewesen war - und sich mit Absicht auf die Stimmen einlassen, wollte er auch nicht. Zu tief lag die Angst vor Lyle in ihm. Aber das war für Sam, und wenn er jemals das Vertrauen seiner Schwester erringen wollte, mußte er ihr jetzt helfen.

Er trat einen Schritt vor. Intensiv sah er auf Angelo, und er streckte seine Hand aus, um sie dem Mann auf die Stirn zu legen. Parker sah ihn fragend an, und Sydney runzelte fragend die Stirn.

Bobby lächelte zögernd. "Hey, ich bin ein halbwegs ausgebildeter Pretender, vielleicht kann ich helfen!"

Sydney sah Parker fragend an. "Ich erkläre es Ihnen später, Syd." Sie nickte Bobby zu.

Er legte die Hand auf die heiße Stirn von Angelo und schloß die Augen. Dann konzentrierte er sich voll und ganz auf Angelo. Er hatte schon mal die Gedanken von Angelo empfangen, also mußte es doch jetzt auch wieder gehen.

Angelo, was ist los?

>Allein, ganz allein<

>Du bist nicht allein, Parker und Syd sind hier, sie machen sich Sorgen<

>Allein, ganz allein<

>Du vermißt Sam, nicht wahr?<

>Schwester weit weg, kann nicht hören, Angelo ganz allein<

Bobby öffnete die Augen; er spürte, wie eine Träne seine Wange herunterlief. Er sah suchend zu Parker.

Sie hatte ebenfalls die Augen geschlossen gehabt und öffnete sie nun langsam. "Du hörst sie auch, nicht wahr?" flüsterte sie leise zu ihm.

"Wen?"

"Die Stimmen! Sie trösten oder warnen mich!"

Bobby bemerkte den fragenden Blick von Sydney. Nein, das letzte, was er gebrauchen könnte, war ein Psychiater, der seine Empfänglichkeit für Stimmen analysierte. Sein Gesicht verhärtete sich. "Ich weiß nicht, was du meinst. Ich kann dir nicht helfen!" Er wollte aus dem Zimmer stürmen.

Parker hielt ihn am Arm fest: "Weglaufen hilft da nicht, Bobby. Weglaufen hilft ganz und gar nicht!" Er riß sich los und stürzte auf den Gang, und die Tür fiel hinter ihm zu. Er holte tief Luft und lehnte sich an die kühlende Wand.

"Parker, was geht hier vor? Warum nennen Sie Lyle Bobby? Und welche Stimmen?"

Sie seufzte: "Keine Panik, ich drehe nicht durch. Ich erkläre es Ihnen, aber nicht hier. Nicht im Centre." Sie streichelte Angelo noch einmal über die Stirn und flüsterte ihm ins Ohr: "Ich finde sie für dich, Angelo. Du bist nicht allein!"

Angelo öffnete seine Augen und sah sie an. "Schwester soweit weg!" beklagte er sich.

"Ich weiß, Angelo. Aber sie kommt wieder, ich verspreche es!"

Plötzlich wurde die Tür geöffnet. Parker und Sydney sahen auf; unbewußt stellten sie sich schützend vor Angelo. Bobby stand in der Tür und sah sie beide an.

"Es ist also keine Einbildung? Ich werde nicht verrückt?"

**

Sie sah sich suchend um. Bis jetzt hatte noch niemand auf die Beschreibung gepaßt, die ihr Jarod gegeben hatte. Vorsichtshalber holte sie doch das Foto aus der Tasche, das sie sich aus der Datenbank des Centers runtergeladen hatte. Natürlich war es schon zwei Jahre alt, aber es mußte reichen.

Sam gähnte unauffällig. Inzwischen war ein Großteil der Passagiere aus New York schon ausgestiegen und der Bahnsteig wurde leer. "Mann o Mann, das ist ja fast wie die berühmte Nadel im Heuhaufen!" Sie fuhr sich ungeduldig durch die Haare. Dann sah sie sie. Das könnte sie doch glatt sein. Alter stimmte, Größe stimmte. Allerdings war sie sich nicht so sicher, die würde doch nicht immer noch mit der gleichen Haarfarbe und mit der gleichen Frisur unterwegs sein?

"Ähm, entschuldige, bist du Emily Russell?" Versuch macht klug, fragen schad ja nix.

Die junge Frau drehte sich um und sah sie an. "Und du mußt Sam sein, richtig?" Sie war nervös, ihre Augen suchten den gesamten Bahnhof ab, und sie zitterte.

"Richtig. Und nein, ich hab schon alles abgecheckt, keine Scharfschützen weit und breit!" Sam lächelte der jungen Frau aufmunternd zu und griff sich eine Tasche. "Oh, erinnere mich bitte dran, daß ich dem Major Zigarren mitnehme. Ich hab mal irgendwo gelesen, daß Flieger bei Feiern sich immer eine Siegerzigarre anzünden. Ich glaube, das heute ist ein guter Anlaß, oder?!"

Emily entspannte sich ein wenig, aber noch war sie auf der Hut. Sam spürte die Anspannung.

"Ich mach dir einen Vorschlag: du rufst jetzt deinen Vater an und fragst ihn, ob ich ich bin! Dann wird die Fahrt nachher nicht ganz so anstrengend!" Sie tippte eine Taste und hielt Emily das Handy hin.

--

"Nein, wirklich? Das hast du gemacht? Oh mein Gott, da ist er bestimmt ziemlich sauer gewesen, was?" Sam lachte sich halbtot.

Inzwischen war das Eis zwischen den beiden getaut. Die einstündige Fahrt hatten sie genutzt, um sich besser kennenzulernen. Sie unterhielten sich über lustige Dinge: wie man Verfolger abhängt, die Polizei übers Ohr haut, sich aufdringliche Machos vom Hals hält, all die Dinge, die das Leben erst interessant machen, wie sich Sam ausdrückte.

"Da hinten ist die Einfahrt zum Flughafen!" Emily deutete nach links.

"Ich weiß, ich war hier schön öfter."

Nach 5 Minuten und zwei Einfahrten schaute sich Emily fragend um: "Das war doch eben die Einfahrt, du bist zu weit gefahren!"

"Nein, ich mag dieses lästige Auschecken nicht, wir holen deine Mutter vom Flugzeug ab und nicht vom Flughafen!" Sie schüttelte den Kopf, als wäre das eine absolut absurde Idee.

"Und wie willst du das anstellen?"

"Anstellen ist genau das richtige Wort, ich bin hier angestellt!" Sam holte einen Ausweis aus ihrer Tasche. Bei einem Wachthaus mit Schlagbaum hielt sie an: "Hallo Josh, was macht Lizzy?"

Der Wächter lächelte ihnen entgegen: " Hey, Sam, ist schon wieder eine Inspektion fällig?"

"Na ja, ich wollte nur mal zwischenzeitlich prüfen, man weiß ja nie! Außerdem muß ich noch eine Bekannte vom Flughafen abholen!"

"Na denn, viel Spaß!" Der Schlagbaum ging hoch, und Sam steuerte zielgerichtet auf den Parkplatz für Towerangestellte zu. "Das dauert jetzt etwas, du kannst dir ja Musik anmachen!"

Sam holte vom Rücksitz eine blaue Weste hervor und heftete den Ausweis daran.

Emily las die Aufschrift laut vor: "Inspektion Luftfahrttechnik. Samantha Horn, Zulassungsnummer: 359-S-998034-1" Sie sah Sam anerkennend an: "Sieh an, Inspektorin, ja?"

Sam grinste schelmisch: "Ist ganz nett, unregelmäßige Arbeitszeit, gut bezahlt und außerdem immer ein guter Ausweg für den Notfall! Warte 'ne Viertelstunde, ich hol nur mal eben Margaret!"

Sam ging in das Wachgebäude und suchte ihren Spind. Sie hatte schon seit Jahren diesen kleinen Job, ein- bis zweimal im Quartal inspizierte sie anfällige Technik und reparierte gegebenenfalls etwas, und wenn dann die Abnahme kam, war immer alles picobello.

"Hey, Sam, drehst du wieder mal eine Runde?" Einer der Piloten saß in der Kantine und grüßte sie. "Hey, Jim, weißt du zufälligerweise, wann die Maschine aus Wien hier ankommt?"

"Nee, aber eigentlich müßte sie planmäßig runterkommen, heute ist eigentlich ziemlich gutes Flugwetter überall." Sam nickte und ging weiter zum Gepäckraum.

Sie checkte zwei Schalttafeln, aber es war alles in Ordnung. Ein Techniker kam ihr entgegen; er war über 2 Meter groß und humpelte etwas.

"Was ist los, mein Dicker? Macht dir dein Knie wieder zu schaffen?" Sam umarmte ihn herzlich.

"Ach, hör bloß auf, es wird immer schlimmer!"

"Geh zum Arzt, so eine Meniskusoperation ist heutzutage ziemlich sicher und danach geht es dir garantiert besser!"

"Ich weiß nicht!"

"Dicker, wenn du mit deinem Sohn Basketball spielen willst, wirst du es wohl oder über tun müssen!" Sie haute ihm kameradschaftlich in die Magengegend und folgte ihm raus aufs Start- und Landefeld.

"Und, ist die Maschine aus Wien schon da?" fragte sie beiläufig.

"Ist im Landeanflug, in zehn Minuten steht sie auf Parkplatz Numero sieben!" Er deutete nach rechts und grinste.

"Na, dann will ich mich mal auf den Weg dahin machen!" Sie grinste zurück und schlenderte langsam zu dem Platz. Zwischendurch überprüfte sie noch einige Schalttafeln, aber es war alles in Ordnung.

Als sie angekommen war, wurde gerade die Gangway an die Maschine gefahren und die Türen geöffnet. Sam steckte sich einen Kaugummi in den Mund und lächelte zufrieden. Alles lief wie geplant.

Margaret war sehr nervös; endlich würde sie ihren Mann wiedersehen und ihre Kinder. Sie drückte ihr Handgepäck, und mehr hatte sie auch nicht bei sich, an ihre Brust und trat unsicher aus dem Flugzeug. Sie sah sich genau um.

"Meine Güte, diese Familie ist aber auch vorsichtig!" Sam kaute auf ihrem Kaugummi herum und trat an die Gangway heran. Als Margaret neben ihr stand, berührte sie sie vorsichtig. "Ähm, entschuldigen Sie, Marge Russell? Bodenpersonal, mein Name ist SAM Horn, wir haben telefoniert?" Unauffällig führte sie die Frau aus der Sicht der Stewardeß.

"Sam?"

"Hallo Margaret, ich dachte, wir sparen uns die ganzen Formalitäten des Auscheckens und gehen gleich zum Wagen?" Sam lächelte und deutete in die Richtung, von wo sie gekommen war.

"Ja, geht das denn?"

"Klar, Bodenpersonal darf auch mal Pause machen, sogar Techniker und Ausbilder!"

Margaret sah sie kurz von der Seite an, fragte aber nicht weiter nach.

"Tun Sie einfach so, als wären Sie mein Ausbilder und würden kontrollieren, wie ich meine Arbeit durchführe, okay?" Sam ging zielstrebig durch eine Tür in einen Kontrollraum. Viele elektrische Leitungen waren dort verlegt.

Marge folgte ihr und versuchte, ein selbstsicheres Gesicht aufzusetzen.

"Das hier ist ein ziemlich wichtiger Bereich, ich muß kontrollieren, ob alle...." Sam erklärte Marge etwas über irgendwelche Schaltkreise und Datenstränge. Aber sie hörte gar nicht zu. Marge war viel zu aufgeregt.

"Tja, das war es! Alles in Ordnung! Kann ich Sie zu Ihrem Hotel mitnehmen? Oder fliegen Sie gleich wieder weiter?" Sam hielt eine Tür auf und wartete auf eine Antwort.

"Was? Oh ja, Sie können mich mitnehmen, ich fliege erst morgen wieder zurück!"

Sie konnte ihre Tochter sehen. Sie saß in einem alten grünen Jeep und hatte die Augen geschlossen; wahrscheinlich war sie genauso müde wie sie selbst. Sam lächelte: "Wenn Sie lieber vorne sitzen, müssen wir sie aufwecken!"

"Nein, ist in Ordnung. Laß sie schlafen! Und bitte, Sam, sag nicht Sie zu mir!" Marge sah sie dankbar an und setzte sich in den Wagen. Wenn ihre Tochter so entspannt hier schlief, dann konnte sie der jungen Frau vertrauen.

Emily erwachte, als Sam den Wagen startete. "Was ist los, wo ist Mum?"

"Ich bin hier, Schatz!"

"Mum, oh Gott, schön dich zu sehen!" Sie drehte sich nach hinten und versuchte ihre Mutter zu umarmen. Danach setzte sie sich wieder gerade hin.

"So, wie lange müssen wir jetzt noch fahren?"

"Eine Stunde, und das Familientreffen kann losgehen!" Sam grinste und winkte dem Wachposten zum Abschied zu.

**

Sydney saß hinten im Wagen neben Broots, vorne saßen Lyle und Parker. Seit sie in den Wagen gestiegen waren, herrschte eine Totenstille im Auto. Deshalb war Sydney auch froh über die Abwechslung, als das Telefon klingelte.

"Sydney Greene."

"Hallo Sydney!" Die Stimme war warm und vertraut.

"Jarod!" Miss Parker drehte sich abrupt um, als sie den Namen hörte und sah Sydney auffordernd an.

"Ich wollte mich nur mal wieder melden und hören, wie es dir geht!" Jarods Stimme klang entspannt. Er schien sich wohl zu fühlen; es war nicht die gequälte Stimme, die Sydney kannte von dem Jungen, der seine Eltern suchte und seine Identität. Es tat ihm leid, aber er mußte es Jarod sagen.

"Jarod, Angelo ist krank!" Nach einer kurzen Pause kam die Antwort.

"Was hat er? Steckt Raines dahinter?"

"Nein, er hat Fieber und redet nicht. Miss Parker glaubt, er fühlt sich allein und vermißt Sam."

"Woher will sie das wissen, wo er doch nicht redet?"

"Das weiß ich selbst noch nicht, das will sie mir erst noch erklären!" Der Doktor sah herausfordernd zu Parker, die sich ohne was zu sagen wieder nach vorne drehte.

Jarod verstand die Antwort nicht, aber fragte nicht weiter nach. Er würde später mit Parker reden. "Ich werde es Sam sagen, vielleicht kann sie was damit anfangen!"

"Das hoffe ich, Angelo sieht wirklich nicht gut aus!"

"Ach Sydney!"

"Ja?"

"Ich treffe heute meine Mutter!"

Sydney traute seinen Ohren nicht. Schmerzlich wurde ihm bewußt, daß er zum Teil schuld daran war, daß Jarod seine Mutter so lange nicht gesehen hatte. Er verzog sein Gesicht zu einem traurigen Lächeln.

"Das freut mich für dich, Jarod!"









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